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Erfahrungsbericht zur Weiterbildung zur Audioberaterin

| Aktuelles

Meine außergewöhnliche Weiterbildung zur Audioberaterin

Adelheid Braun hat 2019/20 an unserer Weiterbildung zur Audioberaterin teilgenommen und wird dazu von Margit Gamberoni vom BayCIV - Bayerischer Cochlea Implantat Verband e.V.  befragt. Gerne geben wir das Interview wieder, das in der HörGut Ausgabe Juli 2022 erschienen ist.

Gamberoni: Was war an dieser Weiterbildung außergewöhnlich?

Braun: Es begann eigentlich alles ganz normal. Geplant waren innerhalb von 10 Monaten acht Wochenenden mit jeweils 14 Stunden Unterricht in Nürnberg beim GIB (Bayerisches Institut zur Kommunikationsförderung für Menschen mit Hörbehinderung). Der Anfang lief auch wie geplant. Nach dem vierten Modul aber brach Corona über uns alle herein. Und uns ging es so, wie es in dieser Zeit eigentlich allen erging. Nichts fand mehr statt. Die Kurse wurden abgesagt und auf später verschoben. Wann später war, war völlig unklar. Als wir dann wieder anfingen, nach einer wirklich langen Pause, gab es krasse Hygienemaßnahmen. Beispielsweise mussten wir bei Wortmeldungen nach vorne kommen, um in das eine Mikrofon zu sprechen, das zugelassen war und mussten dieses mit einer großen Mülltüte überdecken, damit es nicht ‚kontaminiert‘ wurde. Ein lockerer Austausch war auf diese Art und Weise natürlich nicht möglich. Das war schade.

Was hat dich motiviert an dieser Fortbildung teilzunehmen?

Ich hatte schon längere Zeit damit geliebäugelt, die Fortbildung zum Audioberater eines Tages anzugehen. Einige Leute aus meinem Bekanntenkreis, besonders einige Selbsthilfegruppenleiter, hatten den Kurs bereits absolviert. Mit ein bisschen Ehrfurcht vor der Stoffmasse und großem Interesse an den Inhalten habe ich mich dann entschieden, die Herausforderung anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade in Rente gegangen. Ich hatte also Zeit und Energie.

Welche Inhalte wurden in den acht Modulen behandelt?

Es ging los mit der Biologie des Ohres – der gesamte Vorgang des Hörens bzw. Verstehens. Danach natürlich Ursachen und Arten von Schwerhörigkeit und welche Behandlungsmöglichkeiten bzw. welche technischen Hilfsmittel  zum Ausgleich eingesetzt werden können. Natürlich haben wir viel über Technik erfahren – z.B. wie funktioniert ein CI- wie ein Hörgerät? Ganz wichtig war es für uns zu lernen, wie man ein Audiogramm liest. Aber auch Themen wie Gesprächsführung, Umgang mit Konflikten, psychische Aspekte der Hörstörung, Kommunikationstaktik für Hörgeschädigte und Informationen über rechtliche Fragen standen auf dem Programm. Man kann sagen, dass alles, was irgendwie in Zusammenhang mit dem Thema Hörminderung steht, bearbeitet wurde.

Welche Themen waren besonders interessant für dich?

Ich fand fast alles hochinteressant. Es gab natürlich viele Dinge, mit denen ich schon vorher intensiv in Kontakt getreten war, besonders weil ich ja selber hörgeschädigt bin und seit vielen Jahren Cochlea-Implantate trage und auch eine Selbsthilfegruppe leite. Insofern wusste ich schon ziemlich viel über die Biologie des Hörens beispielsweise. Was Herr Professor Hoppe dann alles noch darüber hinaus erklärt und demonstriert hat, war erstaunlich. Und auch die anderen Referenten hatten für mich noch jede Menge Neuigkeiten im Gepäck, so dass ich mich eigentlich nie gelangweilt habe.

Ich denke, ich habe besonders davon profitiert, was wir in dem Modul Gesprächsführung gelernt haben. Da gab es auch einige praktische Übungen, in denen wir Kommunikationsstrategien in problematischen Gesprächssituationen ausprobieren konnten. Das hilft mir jetzt immer wieder, natürlich auch in Momenten, die gar nichts mit der Hörschädigung zu tun haben.

Ergänze bitte

Besonders gefallen hat mir….

Unsere Gruppe. Es gab natürlich unterschiedliche Belegschaften in den einzelnen Modulen, da man diese auch separat buchen konnte. Aber es gab sozusagen einen harten Kern, einige Leute, die alle Module belegt hatten und darunter auch die, die tatsächlich die Prüfung ablegen wollten. Die Zusammenarbeit mit den anderen Kursteilnehmern war inspirierend. Das lag daran, dass sie alle ganz verschiedene persönliche und berufliche Hintergründe hatten. Einige hatten tatsächlich beruflich mit der Hörschädigung zu tun, z. B. in Beratungsstellen oder in Kliniken, andere waren selbst betroffen wie ich als CI Trägerin und Leiterin einer Gruppe. Die Guthörenden unter uns haben enorm davon profitiert, aus erster Hand mitzubekommen, was es im Alltag konkret bedeutet, hörgeschädigt zu sein, ein CI zu tragen oder ein Hörgerät. Die Profis aus den Kliniken konnten uns Betroffenen wiederum jede Menge Fakten aus ihren Fachgebieten mitteilen. Das war eine schöne Zusammenarbeit.

Beeindruckt

hat mich, wie manche Teilnehmerinnen, die zuvor mit dem Thema Hörschädigung noch gar nichts zu tun hatten, sich alles sozusagen von Null aneignen mussten. Zum Beispiel, weil sie neuerdings in einer Beratungsstelle für Hörgeschädigte arbeiteten. Für diese Teilnehmer war es wirklich richtig hart und ich fand es enorm, mit welchem Interesse und welchem Fleiß sie sich in die überhaupt nicht einfache Thematik eingearbeitet haben. Beeindruckt hat mich auch, mit welchem Engagement die Dozenten dabei waren. Ich hatte bei allen den Eindruck, dass sie voller Leidenschaft für ihr Thema waren und alles versucht haben, uns daran teilhaben zu lassen.

Schwer fiel mir,

mich auf die Prüfung vorzubereiten. Ich bin ja nicht mehr ganz jung und das letzte Mal, dass ich eine Prüfung ablegen musste, war vor über 30 Jahren. Ich hatte einfach keine Ahnung mehr, wie man so viel Stoff auf einmal lernen soll. Ich habe dann angefangen zu exzerpieren und das wichtigste in einem Heft zusammenzutragen. Das Heft habe ich dann in ruhigen Momenten immer wieder durchstudiert.

Besonders gut fand ich,

ganz abgesehen von alldem, was ich gelernt habe, dass es mit dem Lernen geklappt hat. In der Prüfung hatte ich eigentlich gar keine Schwierigkeiten, das Gelernte abzurufen Und es hat mir sogar Spaß gemacht. Ein bisschen habe ich es als einen Triumph über mein alterndes Gehirn empfunden.

Bedauert habe ich,

dass wir durch Corona so beeinträchtigt waren. Es gab zum Beispiel keine richtige Abschlussveranstaltung, weil alles so in die Länge gezogen war und am Schluss so ausgefranst war, gewissermaßen.

Als sehr angenehm habe ich empfunden,

dass das GIB auf Hörgeschädigte eingerichtet ist. Es gibt selbstverständlich eine Induktionsschleife und verschiedene Mikros, die ständig im Einsatz sind. Jeder Dozent und jeder Teilnehmer muss in ein Mikro sprechen. Und natürlich darf immer nur einer sprechen. Auf die Weise haben auch die Hörgeschädigten große Chancen, quasi barrierefrei zu verstehen. Es liegt natürlich am individuellen Hörstatus der Teilnehmenden, wie gut es mit dem Verstehen klappt. Wer an Taubheit grenzend schwerhörig ist, wird sich auch hier, trotz der guten Ausstattung, anstrengen müssen. Schön war auch, dass die Betreuerin der Kurse, Frau Gamer immer vor Ort und ansprechbar war- auch Samstags und Sonntags! Getränke und Kekse wurden auch vom Haus gestellt.

Die Kursteilnehmer mussten eine Facharbeit schreiben. Welches Thema hast du bearbeitet?

Ich habe über die Inklusion hörgeschädigter Kinder an Regelschulen geschrieben. Ich bin ja selber Lehrerin und habe auch einige hörgeschädigte Kinder in meinen Klassen gehabt. Ich finde das Thema unglaublich interessant, weil so viele verschiedene Grundbedingungen stimmen müssen, damit das inklusive Lernen auch klappt. Ich fürchte, davon sind wir teilweise noch ziemlich weit entfernt und es ist wichtig, dass Eltern, Lehrer und Schüler wissen, worauf sie sich da einlassen. Aber genauso interessant ist es, welche großartigen Möglichkeiten es heutzutage gibt, die inklusives Lernen im Bereich der Hörschädigung immer besser ermöglichen.

Herzlichen Glückwunsch, du bist nun geprüfte Audioberaterin. Welche Aufgaben und Möglichkeiten hat denn eine zertifizierte Audioberaterin?

Tja, das ist so ein Thema. Eine Berufsausbildung ist das natürlich nicht. Manche von uns haben es für ihren Beruf gebraucht. Andere haben es aus Interesse gemacht, so wie ich. Im Grunde mache ich jetzt, was ich zuvor auch schon getan habe. Ich berate, ich halte auch mal einen Vortrag, ich mache mit meiner Selbsthilfegruppe weiter und im Bayerischen Cochlea Implantat Verband im Vorstand. All das Wissen, das ich erworben habe, hilft mir jetzt natürlich, mit manchen Themen souveräner umgehen zu können. Vielleicht habe ich inzwischen ein bisschen mehr Mut, neue Dinge anzugehen. Wie zum Beispiel in Coburg, wo wir jetzt ein Café für Hörgeschädigte gründen. Das findet einmal im Monat statt in einem akustisch gut geeigneten Raum. Nebenher mache ich Einzelberatung für Betroffene.

Würdest du diese Fortbildung auch anderen weiterempfehlen?

Das kommt ganz darauf an, um wen es sich handelt. Als Basiswissen für Selbsthilfegruppenleiter ist diese Fortbildung Gold wert. Es kann aber auch sein, dass jemand nur Interesse für bestimmte Themen hat, wie zum Beispiel rechtliche Fragen. Alles, was mit Beantragung von Hörgeräten oder Hilfsmitteln zu tun hat oder auch mit Fragen von Behinderung und Beruf. Da ist es wirklich sinnvoll, das Modul 8 zu absolvieren.

Natürlich ist die Fortbildung für jeden sinnvoll und interessant, der mit dem Thema Hörschädigung intensiver zu tun hat. Die Prüfung muss man ja nicht unbedingt ablegen, aber ich finde, es ist wirklich sinnvoll, sie zu machen. Denn auf die Weise ist man gezwungen, sich tatsächlich intensiv mit der Materie zu befassen. Und so hat man von der ganzen Sache auch mehr. Ich habe es jedenfalls keinen Moment bereut, das volle Programm absolviert zu haben.

Bayerisches Institut zur Kommunikationsförderung
für Menschen mit Hörbehinderung

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