Bei Gerichtsverhandlungen gibt es für Gehörlose die Möglichkeit, sich mit Hilfe eine*r Gebärdensprachdolmetscher*in zu verständigen, wenn er*sie als
- Kläger*in,
- Beklagte oder
- Zeug*in
vor Gericht auftritt.
(
§ 186 Gerichtsverfassungsgesetz)
Dies gilt für
alle Gerichtszweige, also für:
- Ordentliche Gerichtsbarkeit (= alle Gerichte, denen Strafsachen oder Rechtsstreitigkeiten vor den Zivilgerichten einschl. der Freiwilligen Gerichtsbarkeit* zugewiesen sind)
- Arbeitsgericht
- Verwaltungsgericht
- Sozialgericht
- Finanzgericht
- Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
(* Zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören z. B. Nachlassgericht, Familiengericht, Vormundschaftsgericht, Registergericht.)
Zur Vergütung ist das JVEG (
§ 8,
§ 9 Abs. 3) anzuwenden.
Bei Verwaltungsakten der Justiz (z. B. in Grundbuch-, Vereinsregister- und Handelsregistersachen) ist für den Einsatz eine*r Gebärdensprachdolmetscher*in die BayKHV anzuwenden (
§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 BayKHV).
Für die Justizbehörden des Bundes gelten (z. B. in Angelegenheiten des Bundeszentralregisters) die Kommunikationshilfenverordnung des Bundesministeriums des Innern (KHV) und zur Vergütung das JVEG (
§ 8,
§ 9 Abs. 3).
Im Straf- und Bußgeldverfahren trägt die Staatskasse die Kosten für den*die Gebärdensprachdolmetscher*in auch dann, wenn der*die Gehörlose verurteilt wurde. Der*die Gehörlose muss die Kosten für Gebärdensprachdolmetscher*innen nur dann tragen, wenn er die Kosten durch schuldhafte Säumnis oder in sonstiger Weise unnötig verursacht hat (
§ 464c StPO).
Ablehnung von Dolmetscher*innen: Nach
§ 191 GVG können bestimmte Dolmetscher*innen vom Gericht abgelehnt werden.
(Wenn ein*e Gehörlose*r aufgrund seiner*ihrer finanziellen Situation seinen*ihren Anwalt für die Beratungsgespräche nicht selbst bezahlen kann, gibt es die Möglichkeit, beim Amtsgericht Beratungshilfe zu beantragen. Die Finanzierung eine*r Gebärdensprachdolmetscher*in im Rahmen der
Beratungshilfe wird unter dem Schlagwort näher erläutert.)